Der Mieter einer Eigentumswohnung hat ein Rechtsverhältnis nur zu seinem Vermieter (der typischerweise Eigentümer dieser Wohnung ist). Die Eigentümer mehrerer in einem Haus befindlicher Wohnungen sind untereinander durch die Gemeinschaftsordnung gebunden, welche in der Regel (zweiter) Teil der Teilungserklärung ist. Diese Gemeinschaftsordnung enthält oftmals Regelungen des Zusammenlebens , wie Musiziereinschränkungen oder Vorbehalte für die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten (zum Beispiel Musikunterricht). Musiziert nun nicht der Eigentümer, sondern sein Mieter, stellt sich die Frage, ob nur der Vermieter gegen den Mieter vorgehen kann, oder ob dies auch der Gemeinschaft der Eigentümer gestattet ist. Letzteres trifft zu: der Mieter hat zwar ursprünglich kein Rechtsverhältnis zu den anderen Eigentümern und deren Hausverwaltung. Die Grenzen, die die Gemeinschaftsordnung zwischen den einzelnen Miteigentümern zieht, sind aber auch für den Mieter verbindlich – selbst dann, wenn ihm bestimmte gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßende Tätigkeiten von seinem Vermieter erlaubt worden sein sollten (Musizieren zum Beispiel). Die Gemeinschaftsordnung definiert die Grenze des einen Wohnungseigentums gegen das benachbarte – und ist vom Mieter ebenso zu respektieren wie eine Grundstücksgrenze. Verstößt der Mieter dagegen, handelt es sich um einen Eingriff des Mieters in das benachbarte Wohnungseigentum, mit der Folge, dass ein Rechtsverhältnis zum Nachbarn entsteht und ein Unterlassungsanspruch. Dieser ist nach der Neuregelung des WEMoG nicht mehr ohne weiteres von dem Nachbarn geltend zu machen. Vielmehr ist zu unterscheiden, ob der Mieter Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt (dazu zählt auch das Einhalten abstrakter Regeln, z.B. Verstoß gegen ein Gewerbeausübungsverbot) oder ob der Mieter fremdes Sondereigentum konkret beeinträchtigt (Störgeräusche durch Musizierennur bei einem Nachbarn). Im ersten Fall ist es der Verwalter der WEG als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, der gegen Mieter klagen muss. Im anderen Fall kann der gestörte Nachbar selbst gegen den Mieter klagen. Der Nachbar kann auch dann gegen den Mieter klagen, wenn eine Störung des Gemeinschaftseigentums (oder abstrakter Regeln) vorliegt, und die Gemeinschaft beschließt, der eine Wohnungseigentümer solle diese Klage erheben dürfen (sog. Rückermächtigung).
AG Konstanz, Urteil vom 28.11.2023, Aktenzeichen 11 C 271/23