Der Notar hat zwar die Pflicht, “den Nachlassbestand selbst zu ermitteln” und zugleich Verantwortung für die Richtigkeit des Inhalts zu übernehmen. Ob das so entstandene Verzeichnis aber den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft erfüllt, richtet sich nicht nach den Kenntnissen oder Erkenntnismöglichkeiten des Notars, sondern allein nach denen des Erben. Hat also der Erbe dem Notar Umstände verschwiegen, so ist die Auskunft unvollständig – unabhängig davon, ob der Notar diese Umstände selbst hätte ermitteln können oder müssen.
Das Gericht betont, dass der Erbe nicht nur zu offenbaren hat, was er weiß, sondern auch, was er ermitteln könnte (Kontoauszüge; Grundbuchauszüge anfordern). Dabei hat der Erbe zwar nicht die Pflicht, die Vergangenheit kompett zu durchforsten, um mögliche, schon Jahre zurückliegende Schenkungen zu ermitteln. Er hat aber immer dann eine Pflicht zur eigenen Recherche, wenn es für ihn Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Erblasser eine Schenkung gemacht hat. Dieser Anhaltspunkt kann sich aus Umständen ergeben, die dem Erben schon vorliegen, die ihm vom Pflichtteilsberechtigten mitgeteilt werden oder die sich aus Rückfragen des Notars ergeben. Denn der Notar hat im Rahmen seines Amtes die Pflicht, die Angaben des Erben auf Plausibiliät zu prüfen und Ansätzen für Widersprüche nachzugehen. Er hat je nach den Umständen auch die Pflicht, eigene Erkundigungen über Punkte einzuholen, deren Lückenhaftigkeit ihm ersichtlich ist.
Ist die notarielle (oder auch die private) Auskunft nach diesen Kriterien unvollständig, kann der Pflichtteilsberechtigte nicht nur verlangen, dass der Erbe die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft an Eides statt versichert, sondern auch, dass gegen den Erben ein Zwangsgeld festgesetzt wird, die rechtlich betrachtet noch nicht erteilte Auskunft nun doch zu erteilen.
OLG Koblenz, Beschluss vom 30.04.2018, Aktenzeichen 1 W 65/18