Der Pflichtteilsberechtigte hat gegen den Erben einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass; ohne eine solche Auskunft wäre er in der Regel nicht in der Lage, die Höhe seines Pflichtteilsanspruchs zu errechnen. Der Anspruch ist durch Vorlage eines Nachlassverzeichnisses zu erfüllen. Der Pflichtteilsberechtigte kann wählen, ob das Verzeichnis von dem Erben selbst oder von einem Notar zu erstellen ist. Er kann sogar ein vom Erben und ein vom Notar erstelltes Verzeichnis verlangen. Vorzulegen hat das Verzeichnis in jedem Fall der Erbe, und er trägt auch die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit des vorgelegten Verzeichnisses, hat der Erbe diese an Eides Statt zu versichern (§ 260 BGB). Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass es auch im Falle eines notariellen Verzeichnisses nicht der Notar, sondern der Erbe ist, der die Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt zu versichern hat.
Sollte der Erbe der Auffassung sein, dass das notarielle Verzeichnis lückenhaft oder falsch ist, steht es ihm selbstverständlich frei, seine Eidesstattliche Versicherung zusammen mit einer entsprechenden Korrektur abzugeben.
BGH, Urteil vom 01.12.2021, Aktenzeichen IV ZR 189/20