Das Charakteristische an gemeinschaftlichen Testamenten, die nur Eheleuten offen stehen, ist die gegenseitige Abhängigkeit der Verfügungen der Eheleute: ist die Verfügung des einen ungültig, ist es auch die des anderen, § 2270 Abs.1 BGB. Man spricht auch von Wechselbezüglichkeit der beiderseitigen Verfügungen. Die Eheleute können zwar bestimmen, dass einzelne ihrer Verfügungen nicht wechselbezüglich sein sollen. Dies ist aber der Ausnahmefall. In aller Regel wollen es die Eheleute so: der eine trifft eine bestimmte Verfügung (Erbeinsetzung) nur deshalb so und nicht anders, weil der andere in ähnlicher Weise testiert. Das OLG München hatte sich hier mit den Rechtsfolgen eines Testaments zu befassen, in welchem sich zwei Eheleute gegenseitig als Alleinerben eingesetzt hatten – die Frau aber wegen einer fortgeschrittenen Demenz nicht mehr wirksam verfügen konnte. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wäre nun auch die Verfügung des Mannes ungültig. Das Gericht war aber der Überzeugung, dass der Mann in jedem Fall seine Ehefrau und sonst niemanden zu seinem Erben eingesetzt hätte. Es hat das gemeinschaftliche Testament in ein Einzeltestament umgedeutet, in welchem die Frau zur Alleinerbin eingesetzt ist. Das war möglich, weil die Wechselbezüglichkeit, wie eingangs gesagt, nicht zwingend ist. Der Ehemann konnte ohnehin bestimmen, dass seine Verfügung nicht von der seiner Frau abhängig ist. So konnte man hier unterstellen, dass er die Wechselbezüglichkeit ausgeschlossen hätte, wenn er die Demenz seiner Frau erkannt hätte. Die Wechselbezüglichkeit führt außer zur gegenseitigen Wirksamkeitsabhängigkeit auch zur Bindungswirkung: der länger lebende Ehegatte kann nach dem Tod des anderen nicht mehr abweichend verfügen. Um diese Bindungswirkung ging es allerdings im vorliegenden Fall nicht.
OLG München, Beschluss vom 23.07.2014, Aktenzeichen 31 Wx 204/14