Hat ein Sozialhilfeträger für einen Bedürftigen (insbesondere einen Behinderten) Hilfeleistungen erbracht, kann er einen möglichen Anspruch des Bedürftigen auf Auszahlung eines Pflichtteils auch gegen den Willen des Bedürftigen zur Deckung der Kosten geltend machen. Dies war bisher nicht anerkannt; vielmehr wurde dem Behinderten das Recht vorbehalten, den Pflichtteil zu fordern – dann ging er an den Sozialhilfeträger – oder eben nicht. Dann verblieb das Geld eben bei den Erben. Die neue Rechtslage führt sogleich zu Problemen, wo sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln in einem Behindertentestament enthalten sind. Diese Probleme entschärft der BGH hier sogleich, indem er das Behindertentestament so versteht, dass die Strafklausel nur dann eingreift, wenn der Behinderte selbst den Pflichtteil verlangt – nicht aber auch dann, wenn dies der Sozialhilfeträger tut. Anderenfalls würde nämlich die Strafklausel dazu führen, dass der Behinderte alles verliert und der Sozialhilfeträger in beiden Erbfällen einen Pflichtteilsanspruch einziehen kann.
BGH, Urteil vom 08.12.2004, Aktenzeichen IV ZR 223/03, https://openjur.de/u/206306.html