Einem psychisch kranken Kind, das von staatlicher Hilfe lebt, ist es nach Ansicht des Bayerischen LSG nicht gestattet, zugunsten seiner gesunden Geschwister und zu Lasten des Sozialhilfeträgers das Erbe seiner Eltern auszuschlagen. Insofern sei der Fall nicht vergleichbar mit dem (zulässigen) Pflichtteilsverzicht eines behinderten Kindes. Das Sozialgericht entscheidet aber nur über die Überleitung möglicher Ansprüche auf den Fiskus, nicht darüber, ob diese tatsächlich bestehen. Der Fiskus wird also Teil der Erbengemeinschaft, und die gesunden Familienmitglieder sind gezwungen, mit ihm vor den Zivilgerichten darüber zu streiten, ob und wieviel der Fiskus tatsächlich (anstelle des Behinderten oder psychisch Kranken) geerbt hat. Wie ein solcher Prozess ausgeht, ist bis heute ungeklärt. Will sich eine Familie mit behindertem Kind vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers schützen, sollte sie sicherheitshalber unbedingt schon vor dem ersten Todesfall aktiv werden und ein Behindertentestament errichten.
Bayr.LSG, Urteil vom 30.07.2015, Aktenzeichen L 8 SO 146/15 B ER